BBV: Spielen mit viel Herz
Orgel und Orchester im Dialog
Mülheimer Kammerorchester und Organist Christoph Nierhaus spielen selten aufgeführte Werke
BOCHOLT. Musikalische Raritäten boten das Mülheimer Kammerorchester und der Organist Christoph Nierhaus (Oberhausen) in der Liebfrauenkirche: Unter der Leitung von Erhard Naschinski stellte man selten gespielte Werke von Komponisten wie Gerard Bunk, Karl Hoyer oder Franz Xaver Brixi vor.
Dass letzterer ein Zeitgenosse Wolfgang Amadeus Mozarts gewesen ist, zeigte sein "Orgelkonzert Nr. 1 C-dur" auf eindrucksvolle Weise - der elegante Wohlklang und die vor Heiterkeit sprühenden Harmonien hätten auch aus der Feder des großen klassischen Meisters stammen können. Feindosiert und homogen fiel ebenfalls die "Legende" aus, die Bunk für Streichorchester und Orgel geschrieben hat. Schicksalsschwer setzte sie ein und hätte mit ihrem Stimmungsreichtum manchem Spätromantiker zur Ehre gereicht.
Ähnlich virtuos loteten Orgel und Orchester die drei Sätze von Hoyers "Concertino" aus, das allein schon wegen seiner Länge im Mittelpunkt des Abends stand. Die würdevollen Farben des ersten Satzes erinnerten an die makellose Tonkunst von Johann Sebastian Bach und zogen mit ihrer Klangschönheit sofort in den Bann. Auf das etwas unsauber einsetzende Adagio folgte der dritte Satz (Allegro moderato), der dank des beherzten Orgelsolos munter dahinfloss.
Bei der Introduktion und dem Finale aus Josef Gabriel Rheinbergers "Sonate g-moll op. 193" konnten sich die Orchestermusiker erholen, handelte es sich doch hier um ein stimmungsvolles Orgelwerk, bei dem Nierhaus seine Spielkunst zeigen konnte. Was er auch ausgiebig tat: delikat dramatisierte der Organist die sehr bildhaften Wendungen und reizte expressiv ihre dynamischen Gegensätze aus.
Dichte Zwiegespräche zwischen Orgel und Orchester zeichneten Brixis "Orgelkonzert Nr. 7 G-dur" aus. Sie pulsierten so inniglich, dass sich bald eine andächtige Intimität ergab. Auf das beherzte Allegro moderato folgte ein Satz, der mit seinen lieblichen Bögen rasch wieder die Gemüter beruhigte. Den lebhaften Schlusssatz, in einem Allegro molto gehalten, spielten die Musiker dagegen mit so viel Herz, als ob sie dem Wonnemonat Mai huldigen wollten.
Trotz der kleinen Schwächen, die besonders in den Stücken von Franz Xaver Brixi auffielen, dürften sich die Besucher in der Liebfrauenkirche über das bestechende Kammerkonzert gefreut haben.
Michael Stukowski im BBV vom 08.05.2012
Foto: Michael Stukowski
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