Karnevalspredigt 2019 von Pfr. Rafael van Straelen
Schwestern und Brüder, es ist wieder soweit:Karneval oder Fasching hat jede und jeden ereilt.
Ein Zeichen: Am Pfarrhaus ein Zaun als Barrikade,
errichtet als Schutz für Rasen und gelbe Fassade.
Wenn ich den seh‘, dann weiß ich ganz genau:
Jetzt ist wieder die Zeit von Alaf und Helau!
Und dann kann ich vom Fenster aus sehn,
wie die Leute lallend und torkelnd gehen.
Seit Donnerstag, elf Uhr elf, sind viele dabei
und frönen mit Feiern und Schunkeln der Narretei.
Ich bin nicht der Typ, der auf Kommando feiert los,
andere Jecken können das ja bestens und ganz famos.
Ich, Euer Pfarrer, Pastor und Gottesmann,
mach mich da lieber an Predigt in Reimen dran.
Das ist mein Beitrag zum ganzen närrischen Treiben:
Meine Gedanken in Reim und Vers zu schreiben.
An Karneval wird in so mancher Büttenrede,
aufs Korn genommen, was den Menschen bewege,
wenn er schaut auf das Geschehen in der Politik.
Dies Jahr steht die Kirche wohl auch in der Kritik.
Zurecht, denn so mancher Bischof will nicht wagen,
was für eine Stunde für die Kirche hat geschlagen:
Dass Schluss ist mit der moralischen Indoktrination,
mit erhobenem Finger anzugeben den ethischen Ton.
Es gilt nicht, das verlorene Vertrauen zu beklagen,
es gilt vielmehr, den Opfern ehrlich zu sagen,
dass die Kirche an ihnen ist schuldig geworden,
der Missbrauch gleicht einem seelischen Morden.
Ich verstehe zutiefst jede Gläubige und jeden Christ,
der kaum aushalten kann den ganzen schrecklichen Mist.
Und die Bischöfe rennen weiter in langen Fummeln rum,
und sehen aus wie an Karneval, nur das ganze Jahr herum.
In der Politik ist weltweit auch nicht viel Gutes zu sehn,
in Hanoi ließ Kim den US -Präsidenten im Regen stehn.
Donald, der Trump, und Theresa, die May,
Die sind als politische Akteure gar nicht ok.
In unserem Land ist Kanzlerindämmerung zu Gange.
Manch Ungeduldige meinen: Die dauert noch zu lange.
Und so wird an Karneval abgelästert kräftig und gern.
Manche deshalb die Karnevalssitzungen sehen fern.
Um‘s Lästern kommen wir heut‘ auch nicht drumrum,
davon spricht nämlich der Herr im Evangelium.
Mit bildreichen Worten sagt unser Jesus Christ,
was der Maßstab im Umgang mit anderen ist.
In diesem Jahr hab ich die Mühe nicht gescheut,
einen Balken mitzubringen, ihr lieben Leut:
Denn vom Balken spricht unser Herr und Meister,
im Reden über Wahrheit und deren Lebensgeister.
Wahr ist, dass ein Blinder keinen Blinden führen kann,
sie würden doch nur fallen in die Grube dann.
Ein guter Baum wird stets gute Früchte bringen,
vom schlechten Baum ist nicht Gutes zu gewinnen.
Ein Splitter ist klein und fein, schnell zu übersehn‘,
ein Balken dagegen nicht wirklich zu übergehn.
Und damit will ich euren Blick auf das nun lenken,
wie wir über uns und über andere Leute denken.
Bekanntlich schaut der Mensch erst aufs Äußere hin,
auf des anderen Kleidung, Haare und Doppelkinn.
Bierbauch und Laufmaschen in den Strümpfen
darüber tut er gern die Nase rümpfen.
Schnell hat er geprüft bis auf die Nieren
den anderen und weiß im Detail zu kritisieren,
was einem nicht paßt an dessen blöder Visage,
das Urteil, man fällt: Er ist eine Blamage!
Und ohne den anderen genau zu kennen,
vielleicht auch innere Werte zu nennen,
packt man, um sich selber zu entlasten,
den anderen in der Schublade Kasten.
Da bleibt er für immer als Ekel und Bösewicht
auch wenn es der Wahrheit gar nicht entspricht.
Denn die Meinung, das Urteil zu korrigieren,
hieße, die Fehleinschätzung zu akzeptieren.
Schon Eugen Roth kann humorvoll berichten
von solchem Verhalten in seinen Gedichten.
Er dies zwar vor Jahren schon niederschrieb
Mir aber scheint, dass viel beim Alten blieb.
‚Ein Mensch hat meist den übermächtigen
Naturdrang, andere zu verdächtigen.
Die Aktenmappe ist verlegt.
Er sucht sie, kopflos und erregt,
und schwört bereits, sie sei gestohlen
und will die Polizei schon holen.
Und weiß von nun an überhaupt,
dass all Welt nur stiehlt und raubt.
Und sicher ist’s der Herr gewesen,
der, während scheinbar er gelesen –
er ahnt genau, wie es geschah ...
die Mappe? – Ei, da liegt sie ja!
Der ganze Aufwand war entbehrlich
und alle Welt wird wieder ehrlich.
Doch den vermeintlich frechen Dieb
gewinnt der Mensch nie mehr ganz lieb,
weil er die Mappe, angenommen,
sie wäre wirklich weggekommen –
und darauf wagt er jede Wette –
gestohlen würde haben hätte!‘
Zugegeben: Auch ich lästere mal gern,
und Schadenfreude ist dabei nicht fern.
Denn wen weiß sie nicht zu faszinieren,
die stete Lust, den anderen zu zensieren.
Im Alltag: Das Wort macht schnell seine Runde,
und wird zum Gerücht binnen einer Stunde.
Ganz egal, ob es wahr ist, gut oder echt.
Hauptsache: Den anderen macht es schlecht.
Der Mensch kann es aber auch nicht haben,
wenn andere an seinen Fehlern sich laben.
Wenn er den Raum verläßt, ist eines sicher:
Ihm gilt das Gespräch, Geschwätz, Gekicher.
Wie seh ich mich, wie schätzen andere mich ein?
Das muss ein sehr altes Menschenthema sein.
Denn auch der Herr mußte sich damit befassen,
dass die einen ihn lieben, die anderen ihn hassen.
Als Fresser und Säufer wird er hin- und bloßgestellt,
weil er sich gern zu Huren und Sündern gesellt.
Andere den Herrn als ihren Messias verehren,
weil er weiß, sie mit Gottes Vollmacht zu lehren.
Es fragt sich, was den Menschen dazu bewegt,
dass er sich stets lieber über andere aufregt?
Bei anderen nach jedem Fliegenschiss gucken,
und selbst zugleich ein Kamel verschlucken?
Wie kann ein Balken in meinem Auge stecken,
mich wenig bis gar nicht so sehr erschrecken?
Dagegen der Splitter mein Gemüt sofort erregt,
der klein im Aug‘ des anderen sich bewegt?
Solch Echauffieren führt an der Wahrheit vorbei,
Herr Jesus nennt es mit einem Wort: Heuchelei!
Denn mit Balken im Auge ist nichts zu seh’n;
geschweige, dem anderen zur Hand zu geh’n.
Mit diesem Bild macht der Herr den Jüngern klar,
was am Bruder, der Schwester, wird offenbar:
Was ich am anderen kann nicht haben, leiden,
das wurmt mich in den eigenen Eingeweiden.
Was am anderen der Mensch heruntermacht,
mit Häme oder Schadenfreude so verlacht,
hat meist mit dem eigenen Charakter zu tun,
nur ist die Wahrnehmung da eher immun.
Der Mann aus Nazareth gibt mit den Seinen mit:
Werde erst den eigenen Balken quitt!
Danach magst du den Nächsten behandeln
und seine Blindheit in Sehkraft verwandeln.
Es gilt: Zuerst bei sich selber zu verweilen
und die eigene Blindheit gründlich zu heilen.
So auch der Volksmund ja weiß zu lehren,
Es heißt: Erst vor der eigenen Türe kehren.
Statt in des anderen Vergangenheit herumzugraben,
nach Fehlern suchen und an ihnen sich laben,
soll der Christ nach eigener Wahrheit trachten
und auf seine Sünden und Macken doch achten.
Über Andere zu urteilen sei dem Christen fern,
denn zu richten bleibt die Aufgabe des Herrn.
Dagegen ist – nach Jesus – die gute Christenart,
wer bei sich wie anderen gleiches Maß bewahrt.
So laßt uns das Böse aus den Herzen kehren
und dafür Gottes Liebe Aufnahme gewähren.
Im Umgang üben geduldige Barmherzigkeit,
einander achten die göttliche Würde, Wertigkeit.
Das sind die guten Bäume mit guten Früchten,
die der Herr Jesus will aus uns züchten.
Gutes tun, fröhlich sein, Spatzen pfeifen lassen
- so wußte es Don Bosco in Worte zu fassen.
Als Gottes Geschöpf sei uns ins Herz geschrieben,
Güte und Treue, mit der ER wird uns stets lieben.
So sehr sei unser ganzes Herz davon erfüllt,
dass Lob und Dank uns aus dem Munde quillt.
Den Balken, den leg ich jetzt aber nieder,
er lastet schon schwer auf der Schulter Glieder.
Es ist Zeit, die Predigt nun zu schließen,
mögen die Worte ins Herz euch fließen.
Ich bin am Ende mit Vers und Reim,
und freu mich doch auch ganz insgeheim,
über das Schmunzeln bei Mann wie Frau:
Ich, Gottes-Narr, sag: AMEN und Helau!
Rafael van Straelen, Pfarrer
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