Impuls am Abend - Menschen fehlen einander

Letzte Tage erhielt ich von einer Frau aus der Pfarrei eine Mail. Sie schrieb:
„Seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist nichts mehr wie vorher. Natürlich fragen wir uns auch, wie wir mit dieser herausfordernden Situation umgehen und trotzdem Kraft schöpfen können. - Wir [die Schreiberin und drei Freundinnen] hatten das Gefühl: „Wir vermissen uns – wir müssen uns endlich mal wieder sehen und uns austauschen (und ein wenig trösten)!“
Da wir alle irgendwie zur Risikogruppe gehören, fehlen uns viele bisherige Kontakte und vor allen Dingen die Menschen – die menschliche Nähe.“

So wie dieser Frau aus der Pfarrei geht es wohl vielen: Sie vermissen die Zusammenkünfte, die Begegnungen mit anderen lieben Menschen, mit Familie und Freunden. Ich vermisse auch die Besuche bei Freunden oder, dass diese bei mir zu Gast sind. Aber auch die sonst üblichen Zusammenkünfte zu Sitzungen der Gremien oder Ausschüsse und Gruppen vermisse ich. Ähnliches äußern auch die Gremienmitglieder.

Mir ist dazu ein Wort des französischen Jesuiten Michel de Certeau (1925-1986), Historiker, Soziologe und Kulturphilosoph, in den Sinn gekommen: „…dass wir Menschen einander fehlen.“ – Ja, eine ganz eigene Erfahrung, die seit der Corona-Pandemie mit ihren notwendigen Einschränkungen viele Menschen machen. Schwierig, wenn wir Menschen einander fehlen, wo wir doch von unserem Wesen her auf Beziehung und Gemeinschaft angelegt sind. 

In der Mail der Schreiberin las ich weiter:
„Am Mittwoch trafen wir uns dann - natürlich mit dem notwendigen Abstand - bei Kaffee und Kuchen …. bei uns. - Vieles ist jetzt so traurig! Wir sind jedoch auch zuversichtlich, dass Neues, Wegweisendes und Interessantes entstehen wird. Trotz aller Ungewissheit - mit einem zuversichtlichen Blick in die Zukunft - war unser Nachmittag kurzweilig und schön (etwas fürs „Seelchen“).“

Wie schön und tröstlich, dass diese Frauen sich nach längerer Zeit wieder gesehen und gesprochen haben. Gut, dass bei Einhaltung aller Abstands- und Hygieneregeln Treffen in Gruppen möglich sind. Denn dies lehrt ja der sogenannte Kontaktverzicht: Dass wir Menschen einander fehlen, tut dem Menschen in seinem Menschsein nicht gut.


Ihr 
Rafael van Straelen
Veröffentlicht: 06.06.2020



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