Impuls am Abend - Thomas – Ungläubiger oder Glaubender

Der Apostel Thomas hat im Kreis um Jesus eine so ganz eigene Rolle. Oftmals wird er als der Ungläubige beschrieben und betitelt. In der Bibel wird er auch Zwilling genannt. Thomas ist derjenige, der sich traut Fragen zu stellen.
 
Als Jesus die Seinen unterrichtet, was das Ziel seines Lebens ist – in das Haus seines Vaters [Gott] zurückzukehren – und meint „Wohin ich gehe, den Weg dorthin kennt ihr!“ ist es Thomas, der kundtut und fragt „Herr, wir wissen nicht wohin du gehst, wie sollen wir dann den Weg kennen?“ – Nur durch die Frage des Thomas erhalten die Jünger eine aufschlussreiche Antwort von Jesus: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.“ (Johannesevangelium 14, 1ff)
 
Ein anderes Mal ist es die Begegnung mit dem Auferstandenen. Dieser hat sich den Jüngern bereits zu erkennen gegeben. Thomas war jedoch nicht dabei. Er hinterfragt, was die Freunde ihm über den Auferstandenen sagen. Thomas möchte die Gewissheit darüber, dass derjenige, der sich jetzt als Auferstandener zeigt, wirklich auch jener ist, der am Kreuz gestorben ist. Thomas fragt also nach der Identität. Darum der Hinweis auf Wundmale und Seitenwunde. Seine Frage, die ihn leitet: Ist der Gekreuzigte wahrhaft auferstanden. Dann gibt sich der Auferstandene den Jüngern noch einmal zu erkennen. Thomas ist dabei und erfährt die ganze Aufmerksamkeit und Zuwendung Jesu Christi. Die gewünschte Berührung muss nicht mehr sein. Jesus Christus hilft ihm durch sein Entgegenkommen den Zweifel zu überwinden und zu einem neuen Glaubenshorizont zu gelangen. „Mein Herr und mein Gott“ bekennt Thomas zu Jesus Christus. (Johannesevangelium 20, 24-29)
 
Der Zweifel gehört zum Glauben. Ebenso Skepsis und Fragen. Thomas ist für mich kein Ungläubiger, sondern ein skeptisch fragender und zweifelnder Glaubender. Glauben besteht nicht aus einem Wissen aus einem Glaubenslehrbuch, wie zum Beispiel einem Katechismus. Glauben ist Beziehungsgeschehen und ein Ringen um Wahrheit und Vertrauen.
 
Mir sind Christinnen und Christen sehr sympathisch, die den Glauben und ihr Christsein nicht als selbstverständlich ansehen, sondern immer wieder kritisch hinterfragen und in Treue zu sich ihrem Zweifel nachgehen.
 
Der große Theologe Thomas von Aquin (1225-1274) hat seinem Namenspatron, dem hl. Apostel Thomas, ein schönes literarisches Denkmal gesetzt. Im geistlichen (Lied-)Text „Gottheit tief verborgen“ heißt es: „Kann ich nicht wie Thomas schaun die Wunden rot, bet ich dennoch gläubig: „Du mein Herr und Gott!“ Tief und tiefer werde dieser Glaube mein, fester lass die Hoffnung, treu die Liebe sein.“ (Gotteslob 497,4)
 
Diese Zeilen werden heute mein Gebet zum Tagesschluss sein. Denn heute ist der katholischen Kirche das Fest des hl. Apostels Thomas.
 
Ihr
Rafael van Straelen
 
Veröffentlicht: 03.07.2020



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