Impuls am Abend - Zerstreuung und Sammlung

Weiße Fußabdrücke auf einer roten Filzmatte. – Beim Liebfrauenviertelfest im Jahr 2014 hatte die Künstlerin Christa Maria Kirch eine Mitmach-Aktionskunst veranstaltet. Passanten waren dazu eingeladen, ihre Füße mit weißer Farbe auf roten Filzmatten abzudrucken. Ich habe damals mitgemacht. Nach der Ausstellung des Kunstprojektes waren die Fußmatten gegen Spende zu erwerben. Ich habe eine erworben und die Fußspuren rahmen lassen. Das Bild hängt nun vor der Türe des Raumes, in dem ich morgens allein oder mit anderen aus dem Pastoralteam zum Gebet verweile, um dann nach einer Tasse Kaffee in den Tag zu starten.
 
Neben dem Bild habe ich ergänzend einen Satz aus dem Buch Exodus angebracht; „Zieh deine Schuhe aus; der Ort, wo du stehst, ist heilig.“ Ein Aufruf Gottes, der an Mose beim brennenden Dornbusch erging. Das Ausziehen der Schuhe verstehe ich so, dass Mose nicht fortlaufen soll, sondern eingeladen ist, dort am Dornbusch zu verweilen. Heiliger Boden, ein Ort, wo es möglich ist, Gottes Gegenwart zu erfahren, ihm zu begegnen.
 
Dieses Wort lädt mich jeden Morgen dazu ein, in der Zeit der Stille und des Gebetes wirklich ganz bewusst in Gottes Gegenwart einzutauchen und vor allem mich zu sammeln. Alle Gedanken, die mir so durch den Kopf gehen, zu sammeln und so mich selbst zu sammeln.
 
Gestern habe ich bei meiner abendlichen Lektüre ein sehr schönes Gebet gelesen. Verfasst hat es Stefan Voges, den ich als Theologiestudenten aus meiner Zeit als Studentenpfarrer in Münster kenne. In seinem an die Psalmen angelehnten Gebet geht es um Zerstreuung und Sammlung.
 
Psalm. In der Zerstreuung zu beten
 
„Höre mich, Herr, in meiner Zerstreuung,
wenn ich zu dir spreche mit wirrem Kopf.
Pläne beschäftigen mich,
Gedanken engen mich ein.
Erinnerungen fesseln mich,
Gefühle fressen mich auf.
Zur Ruhe gelange ich nicht,
und in der Stille komme ich nicht an.
Sage ich meinem Mund, er soll schweigen:
unablässig plappern die Gedanken.
Sie treffen mich in der Sammlung,
sie schrei’n in meine Stille.
Sammle doch, Herr, meinen Kopf,
und bring mein Herz zu mir.
Setz mich zusammen aus dem, was ich bin,
zu dem einen, der ich bin, erschaffe mich.
Hol mich in deine Gegenwart,
setz mich in das Licht Deiner Liebe.
Lass mich wachsen und reifen in Deinem Licht,
lass mich Ruhe finden und Stille.“
 
Ich werde mir dieses Psalmgebet auf den Tisch in dem Raum legen und in meinem Gebetsschatz aufnehmen. 
 Ihr
Rafael van Straelen
  
(Stefan Voges; Mitarbeiter der Zeitschrift „Der Prediger und Katechet“. Praktische katholische Zeitschrift für die Verkündigung des Glaubens. Das Gebet findet sich in der aktuellen Ausgabe 2020/6)
 
Veröffentlicht: 11.09.2020



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