Impuls am Abend - Sonnenbaden

Sonnenbaden
 
Vor einigen Tagen saß auf dem Kirchplatz von St. Paul auf dem Pflaster eine Kröte. Sie bewegte sich nicht. Ich nahm sie längere Zeit in Augenschein. Ab und an waren kleine Bewegungen zu bemerken. Ein kleines Mädchen, das mit dem Fahrrad vorbeikam, entdeckte die Kröte und fragte: „Ist sie tot?“ – „Nein“, sagte ich und erzählte ihr, dass die Kröte sich an der Sonne erfreue und - ebenso wie wir Menschen es bisweilen gerne tun - auf dem warmen Steinen ein Sonnenbad genießen würde.
 
Sonnenbaden. Das genießen an diesen heißen Tagen wohl viele. Sonne und positive Stimmung tanken. Wie wohltuend für den Körper, wenn es nicht übertrieben geschieht, und für die Seele.
 
Da kann man Lust bekommen, Gott zu danken für die Sonne, die Wärme, das Himmelsblau, die Natur, das Grün der Bäume und Sträucher…
 
Christian Fürchtegott Gellert hat es im Jahr 1757 so geäußert:
„Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht,
die Weisheit deiner Wege,
die Liebe, die für alle wacht,
anbetend überlege:
So weiß ich, von Bewunderung voll,
nicht, wie ich dich erheben soll,
mein Gott, mein Herr und Vater.
 
Mein Auge sieht, wohin es blickt,
die Wunder deiner Werke;
der Himmel, prächtig ausgeschmückt,
preist dich, du Gott der Stärke.
Wer hat die Sonn an ihm erhöht?
Wer kleidet sie mit Majestät?
Wer ruft den Herrn der Sterne?“
 
Ohne Frage, die Sprache und Formulierungen klingen antiquiert; sind jedenfalls nicht unserer Zeit und unserem Sprachgefühl entsprechend. Aber die Grunddynamik des Textes stimmt nach wie vor: Mit Blick auf die Natur und ihre Schönheit, wenn ich sie bewundernd wahrnehme, spüre ich Dankbarkeit.
 
Ich hoffe, die Kröte nutzt neben den warmen Steinen zum Sonnenbaden auch den Schatten und das feuchte Grün zum Abkühlen.
 
 
Ihr
Rafael van Straelen