BBV-Artikel „Liebfrauenkirche wird 700 Jahre alt˝
BBV-Artikel vom 18.12.2009
VON RENATE WITTELER
Die Liebfrauenkirche wird 700 Jahre alt: Fürs Jubiläumsjahr 2010 hat die Gemeinde ein reichhaltiges Programm ausgearbeitet. Die Festwoche wurde extra in den Mai verlegt, weil Felix Genn sonst nicht hätte kommen können.
BOCHOLT Das entscheidene Datum ist eigentlich der 22. November: Das ist der Stiftungstag der Liebfrauenkirche, die nächstes Jahr 700 Jahre alt wird. Und eigentlich hätte im November 2010 auch die große Jubiläumsfeier stattfinden sollen. Doch der Bischof konnte nicht. Deshalb sei die Festwoche kurzerhand in den Mai, in dem auch schöneres Wetter herrsche, vorverlegt worden, berichtet Dechant Dr. Klaus Winterkamp. Am 2. Mai kommt Bischof Felix Genn also. Es ist das erste Mal, dass er nach Bocholt und das erste Mal, dass er ins Dekanat kommt, sagt Winterkamp. Deshalb werde sich Genn bei seinem Antrittsbesuch auch ins Goldene Buch der Stadt eintragen.
Dieses Pontifikalamt mit anschließendem Festakt für die gesamte Pfarrei im Bocholter Stadttheater wird einer der Höhepunkte des Jubiläumsjahrs sein. Der andere ist das Pontifikalamt mit dem Utrechter Erzbischof Willem Jacobus Eijk am 5. September. Dass gerade ein holländischer Bischof zum 700-jährigen Geburtstag der Liebfrauenkirche eine Messe hält, hat seinen Grund: Über 200 Jahre lang nutzten die Minoriten, die 1627 in Bocholt ein Kloster gründeten, die Liebfrauenkirche als Mittelpunkt ihres Wirkens, erklärt Winterkamp. Bis 1851 kümmerten sie sich neben den Bocholtern, die laut Minoriten-Chronik anfangs „von allerlei Ketzereien infiziert“ waren, um die Katholiken in Holland, denen die öffentliche Ausübung ihrer Religion verboten war.
Deshalb richteten die Minoriten Gottesdienst-Stationen in Schüttenstein, Hemden, Spork, Suderwick, Oldenkott und Zwillbrock ein. Ganz einfache Stationen seien das zunächst gewesen, erklärt Winterkamp. Altäre in Scheunen oder Zimmern, hinter Schränken, die zur Seite geschoben wurden, oder auf Fensterbänken. Erst später seien dort Kapellen errichtet worden. Zu Fuß oder mit dem Pferd seien die Patres – zu Spitzenzeiten lebten 30 im Kloster – von Liebfrauen aus dorthin gezogen.
Das war keine ungefährliche Sache, sagt Winterkamp. Der Droste von Bredevoort, der zur „Papenjagd“ aufrief, habe beispielsweise Weihnachten 1646 Pater Ertzweiler festgenommen und von den Bocholter Minoriten Lösegeld erpresst, das diese sich mühevoll zusammenbetteln mussten. Mehreren Patres erging es 1651 ähnlich. Für sie wurde neben Geld auch Hafer und Wein verlangt.
Die Minoriten-Zeit war eine prägende Epoche. Auch die Festschrift, die im Herbst als Sonderausgabe von „Unser Bocholt“ erscheinen soll, greift sie und weitere Geschichtsepochen der Liebfrauenkirche auf. Auf Kunstgegenstände soll ebenso eingegangen werden wie auf die neuere Bau-Geschichte der Kirche, sagt Winterkamp.
Stolz ist er auch darauf, dass Liebfrauen zum Jubiläum ins Programm des Internationalen Orgelfestivals Westfalen-Lippe aufgenommen wurde: Am 25. April geben hier Pavel Sokolov (Oboe) und Wolfgang Kogert (Orgel) ein Konzert. Und weil es seit den 40er Jahren eine enge Zusammenarbeit mit der evangelischen Christuskirche gibt, bietet Liebfrauen für September eine sechstägige „Ökumenische Romfahrt“ an.