Stellungnahme aller kath. Pfarrer der Stadt Bocholt zur beabsichtigten Öffnung der Geschäfte am 3. Advent

Nicht selten wird, wenn in Bocholt bei bestimmten Anlässen Repräsentanten von Stadt und Kirchen aufeinander treffen, seitens der kommunalen Vertreter das gute Verhältnis von Kommune und Kirche vor Ort betont. Pfarrer hören so etwas gern. Nun aber, da sich tatsächlich einmal trefflich über den Sonntag hätte reden lassen, fragen wir uns allen Ernstes, ob solche Ansprachen mehr als nur Sonntagsreden sind.

Um es gleich zu sagen: Als Pfarrer sind wir natürlich zuerst aus theologischen, sodann aus soziologischen, kulturellen und rechtlichen Gründen grundsätzlich gegen eine Öffnung der Geschäfte, an welchem Sonn- oder Feiertag auch immer. Wir wissen allerdings auch um die legitime Eigenständigkeit der weltlichen Sachbereiche. Wir wissen zudem, dass in einem säkularen Gemeinwesen wie Bocholt nicht alle Bürgerinnen und Bürger nach gläubiger Weltanschauung ihrer christlichen Mitbürger selig werden müssen. Dennoch hätten wir im Hinblick auf die vorgesehene Öffnung der Geschäfte am 3. Advent mehr Entgegenkommen seitens der kommunalen Verwaltung und Politik erwartet.

Wenn das Verhältnis zwischen Kommune und Kirchen in Bocholt wirklich so gut ist wie beteuert, hätte denn erstere nicht letztere auch schon im Vorfeld über das Vorhaben zumindest informieren können, mag das rechtlich momentan auch nicht erforderlich sein? Das hätte zwar unsere Haltung gegenüber verkaufsoffenen Sonntagen nicht prinzipiell geändert, aber auf Grund der beschworenen Atmosphäre 1) nahegelegen und 2) förderlich für diese sein können. Schließlich leisten die Kirchen in Bocholt einiges, das der kommunalen Politik in der Tat mehr als Grund genug sein sollte, das von ihr so geschätzte Verhältnis aufrecht zu erhalten. So muss die Kommune zum Beispiel nicht einen einzigen Kindergarten ihr eigen nennen, da sie in diesem Bereich von freien Trägern, darunter fast 75% von kirchlichen Trägern, subsidiär entlastet wird. Das St. Agnes-Hospital, das breitgefächerte Angebot von Sozial- und Beratungsdiensten sowie Hilfsleistungen aller Art, die Diakonie-, Caritas- und Vinzenzkonferenzen, Lebensmittelgutscheine, der enorme Aufwand in der Kinder- und Jugendarbeit – das sind nur ein paar Stichworte, die das kirchliche Engagement zugunsten unserer Stadt verdeutlichen können – von dem ehrenamtlichen Einsatz, der vielfach dahinter steht, ganz zu schweigen. Das alles ist Dienst am Gemeinwohl und an der Allgemeinheit unserer Stadt Bocholt. Es ist Dienst an einem säkularen Gemeinwesen, der unterschiedslos allen Menschen gleich welchen Alters, welcher familiären, religiösen, nationalen, politischen, kulturellen oder sonstigen Einstellung zugute kommt. Das alles geschieht auch keineswegs aus purer Langeweile, Eigeninteresse oder reinem Selbsterhaltungstrieb – dazu nämlich bedürfte es all des Engagements inzwischen nicht mehr. Ist es unter diesen Umständen für Verwaltung und Politik so abwegig, den Kirchen wenigstens am 3. Advent entgegenzukommen, in einer für die Kirchen bedeutungsvollsten Zeit im Jahresverlauf? Sowohl die Geheimniskrämerei im Vorfeld als auch die Gewundenheit der nachgeschobenen Erklärungen zeigen uns, dass Behörden und Politik hier doch nicht ganz reinen Gewissens zu sein scheinen.

Es stimmt auch nicht, dass man über die seitens der Stadtmarketing vorgeschlagenen verkaufsoffenen Sonntage in der Stadtverordnetenversammlung oder im vorhergehenden Haupt- und Finanzausschuss nur en bloc hätte abstimmen können. Was hätte die Politik gehindert, den 3. Advent gegen einen anderen Sonntag zu tauschen? Vermutlich nur die fraktionsinternen Absprachen. Diesbezüglich allerdings sind auch wir über das Abstimmungsverhalten jener Fraktion, die das C in ihrem Titel führt, nicht weniger erstaunt als der ein oder die andere LeserbriefschreiberIn der letzten Tage.

Regelmäßig können wir nach verkaufsoffenen Sonntagen in dieser Zeitung lesen, dass die Stadt rappelvoll gewesen sei, alle Welt gebummelt, aber kaum jemand gekauft habe. Wenn also 1) ohnehin kaum gekauft wird und 2) folglich die vermeintliche Kaufkraft auch nicht nach Oberhausen, Kleve oder sonst wo hin abwandern könnte, wozu bedarf es dann überhaupt einer Sonntagsöffnung in unserer Stadt? Am 3. Advent wird es angesichts der attraktiven Alternative des Weihnachtsmarktes umso weniger nötig sein!

Pfarrer Ewald Brammen
Dechant Christian Dieker
Pfarrer Hans-Rudolf Gehrmann
Pfarrer Hans Hasken
Pfarrer Dieter Hogenkamp
Pfarrer Josef Lehmbrock
Pfarrer Hubert Oelgemöller
Pfarrer Heinrich Seegers
Pfarrer Norbert Weidemann
Pfarrer Karl-Heinz Wielens
Pfarrer Dr. Klaus Winterkamp



Bericht im BBV vom 28.3.2007




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