Impuls am Abend - Wohltuende Grundlosigkeit

Die erste Frage in dem grünen Katechismus, den ich noch lernen musste, lautete: „Wozu sind wir auf Erden?“ Die Antwort war dann: „…um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, ihm zu dienen und dadurch in den Himmel zu kommen“. Diese Antwort auf die wichtige Frage nach dem Ziel des Lebens würden wir heute wohl anders formulieren.
Ursprünglicher als die Frage nach dem Wozu und dem Ziel ist aber wohl die Frage nach dem Warum, nach dem Grund unseres Lebens. Kleine Kinder stellen die Frage nach dem Warum jedenfalls mit großer Hartnäckigkeit.
Warum also sind wir auf Erden?
 Der Kölner Theologieprofessor H.-J Höhn gibt darauf eine zunächst erstaunliche Antwort. Er schreibt in seinem Buch „Gottes Wort – Gottes Zeichen“(S.141), dass das Dasein des Menschen gar keinen Grund hat, dass es „grundlos“ ist. Er spricht von einer „wohltuenden Grundlosigkeit“. Mit „grundlos“ meint er nicht „willkürlich, wertlos oder bedeutungslos“, sondern „ohne Hintergedanken und Nebenabsichten“. Der Mensch ist um seiner selbst willen geschaffen. Er ist wertvoll in sich. Darin liegt seine Daseinsberechtigung und Würde. Er muss nicht immer wieder Beweise dafür liefern, dass er sinnvoll und berechtigt auf dieser Welt lebt. Er darf auch nicht für irgendetwas verzweckt werden. Auf die Frage Warum gibt es also keine Antwort.
Die Bibel sagt, dass Gott die Welt und damit auch die Menschen „aus Nichts“ (ex nihilo) geschaffen hat, also grundlos. Vielleicht kann man es auch positiv formulieren und sagen, dass alles Lebende der Lebendigkeit Gottes entspringt und nur durch sie lebendig bleibt. Außer ihr gibt es nur Nicht-Leben, Tod. Ferner betont der Schöpfungsbericht, dass Gott die Schöpfung mehrfach als „gut“ bezeichnet. Er bejaht die Existenz des Menschen unbedingt und will nichts von ihm. Der Mensch ist sich selbst geschenkt.
Wenn es so um den Menschen bestellt ist und Gott selbst „Ja“ zu ihm sagt, kann auch der Mensch die Welt und sich annehmen und bejahen. Von Gott um seiner selbst willen bejaht zu sein, ist wohltuend und befreiend.
Diese wohltuende Grundlosigkeit seines Daseins ist die fundamentale Gegebenheit, auf die der Mensch antworten kann – und muss. Die angemessene Antwort besteht in der dankbaren Bejahung seiner Existenz. Wer nicht Ja zu sich und der Welt sagen kann, hat es schwer und wird kaum ein glückliches Leben führen können.   
Ich wünsche Ihnen, dass Sie die wohltuende Grundlosigkeit Ihres Lebens erfahren und dankbar annehmen können.
Gott mag Sie!
Ihr Hans Döink
 
Veröffentlicht: 29.09.2020



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