Impuls am Abend - Ich bleibe (5)

Im 5. Grund für ihr Bleiben in der katholischen Kirche setzt sich die Schriftstellerin Birthe Mühlhoff in der Osterausgabe der Süddeutschen Zeitung mit dem Vorwurf, die Kirche sei reformresistent auseinander. Sie sagt, in der 2000-jährigen Kirchengeschichte sei es nicht ohne Veränderungen und Reformen zugegangen. In Europa gäbe es keine Organisation, die so alt sei wie die katholische Kirche und das könne helfen zu verstehen, dass der Vatikan sich nicht dazu durchringen will, gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu segnen.
 
Sie weist auf die rasante Veränderung in der Welt hin und fragt sich, ob sie überhaupt will, dass die Kirche mit dem aberwitzigen Tempo dieser Entwicklung Schritt hält. Ihr allgemeiner Enthusiasmus für den Fortschritt ließe durchaus Platz für Ausnahmen. Die Kirche sei für die Gesellschaft das, was ihre 92-jährige Großmutter für ihre Familie ist. Sie spricht gerne und mit Gewinn mit ihr über ihr Leben, will aber keine konkreten Ratschläge von ihr hören.
 
Natürlich sei die Kirche nicht zeitgemäß und sie war es nie. Wenn sie sich eine gesellschaftliche Nische sichere, würde sie das begrüßen und sich gerne für sie einsetzen.
 
Wie bei den vorhergehenden Begründungen für ein Verbleiben in der Kirche finde ich Aspekte, die ich bejahen kann, aber auch welche, die ich ablehne.
 
Es ist offensichtlich, dass sich die Kirche im Laufe 2000-jährigen Geschichte verändert hat. Aber ich kann deshalb nicht wie die Verfasserin Verständnis dafür aufbringen, dass der Vatikan behauptet, die Kirche habe keine Vollmacht, gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu segnen. Die Glaubenskongregation des Vatikan führt als Begründung die biblische Schöpfungserzählung an, von der die päpstliche Bibelkommission schon vor Jahren gesagt hat, dass mit dem Text so nicht argumentiert werden dürfe.
 
Den Vergleich der Kirche mit der 92-jährigen Großmutter finde ich sympathisch. Aber was ist, wenn die Großmutter „verkalkt“ ist? Ich meine, die Kirche solle auch zu konkreten Fragen Stellung nehmen. Sie ist Kirche in der Welt und soll Anteil nehmen an der Trauer und Angst, den Freuden und Hoffnungen der Menschen (II. Vatikan. Konzil).
 
Es stimmt, dass die Kirche nicht zeitgemäß ist in dem Sinne, dass sie sich den jeweiligen Strömungen anpassen muss. Aber sie muss die Zeichen der Zeit deuten und im Licht des Evangeliums entsprechend reagieren. Darum bin ich auch nicht damit einverstanden, dass die Kirche sich eine gesellschaftliche Nische sichern soll. Das widerspricht ihrem Sendungsauftrag. Sie soll hinausgehen in die ganze Welt und zu allen Menschen.
 
Seit den Anfängen der Kirche gilt: „ecclesia semper reformanda“, d.h. die Kirche muss immer wieder erneuert werden.
 
Damit wir den rechten Weg der Erneuerung finden, brauchen wir die Geist-Kraft Gottes, die an Pfingsten die Kirche gegründet hat. Deshalb beten wir: „Komm, Heiliger Geist, und erneuere das Angesicht der Erde und der Kirche.“
 
Ihr
Hans Döink
 
Veröffentlicht: 04.05.2021



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